Dez 12

Nachdem wir in Neutraubling in der ersten Doppelrunde der Saison schon leicht unter Erwartung bzw. Hoffnung gepunktet hatten, mussten wir am vergangenen Wochenende in Aue gegen die beiden Tabellenführer antreten, nämlich Bindlach und Erfurt. (Die Tabelle ist etwas verzerrt, da wegen des Doppelrunden-Spielplans nicht alle Mannschaften gleich viele Kämpfe absolviert haben. Trotzdem war von Anfang an klar, dass wir bei diesen Spielen ein schweres Los haben würden.) Am Samstag waren wir mit Schwarz am ersten Brett gegen Bindlach gepaart, am Sonntag würde es gegen die Erfurter gehen.

Der erste Wettkampf lief aus meiner Sicht katastrophal an. Ich spiele zwar normalerweise lieber mit den dunklen Steinen, doch diesmal passierte mir ein schweres Missgeschick; ich misshandelte die Eröffnung völlig, stand nach etwa zehn Zügen glatt auf Verlust und spielte auch nur unwesentlich länger. Zwischendurch stellte ich für mich noch das Minimalziel auf, länger als Roman Slobodjan im Nachbarmatch durchzuhalten, welcher im Schotten in eine ähnliche Ruine gestolpert war, doch selbst daraus wurde nichts – er hielt übrigens seinen Laden später irgendwie zusammen.

Heiko hatte mit seinem Gegner ein recht schnelles Remis vereinbart, was zahlen- und stellungsmäßig auch völlig in Ordnung geht, danach passierte ein Weilchen nichts. Leo praktizierte noch seinen Königsinder, während Joachim am Nachbarbrett bereits in ein Damenendspiel mit gleich vielen Bauern abgewickelt hatte. Der nächste Schlag traf uns an Stephans Brett; unser Kapitän unterschätzte einen starken Damenzug seines Gegners, der ihn seine positionelle Stabilität kostete, und quälte sich anschließend ein wenig in einer hoffnungslosen Stellung mit Turm gegen zwei Leichtfiguren – vergebens. Damit stand es bereits 2,5:0,5 gegen uns.

Sorgen machten mir weiterhin die Bretter 3 und 4. Wilfrid hatte einen Bauern für Königsangriff gegeben, doch dann gelang es seinem Gegenüber, den Damentausch zu forcieren, und Wilfrid geriet in ein klar schlechteres Endspiel. Ähnlich sah es bei Hannes aus; unser drittes Brett kam scheinbar problemlos aus der Eröffnung, verlor dann im Endspiel aber ebenfalls etwas die Übersicht über seinen Bauernbestand und lief in der Folge einem permanenten Minus hinterher. Gewinnchancen gab es an keinem der beiden Bretter, zumindest jedoch noch sanfte Remishoffnungen.

Die schärfste Partie an diesem Tag spielte Matthias. Sein Gegner hatte einen Franzosen aufgesetzt und zeitig die Königsstellung von unserem achten Mann aufgerissen. Vermutlich kann nur eine ausführliche Analyse klären, wie die Position objektiv einzuschätzen war, mir kam sie jedenfalls über weite Strecken bedenklich vor. Matthias überlebte aber die schwierige Phase und kam dann allmählich zu Gegendruck, der sich letztendlich in einem gewinnbringenden taktischen Einschlag manifestierte.

Leider sah es nicht so aus, als ob uns dieser Anschlusstreffer viel nützen würde. Die Bretter 5 und 6 remisierten tatsächlich, und die restlichen beiden Partien kämpften verzweifelt nur jeweils um einen halben Punkt. Wilfrid strampelte sich mitunter mit zwei verbundenen Freibauern seines Gegners ab, und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis er die Waffen strecken würde. Doch sein Kampfgeist ließ niemals nach, und mit einem Qualitätsopfer konnte er in eine Remisstellung abwickeln – eine beachtliche Defensivleistung.

Unglücklich endete die Partie von Hannes. Er hatte im Turmendspiel gleichermaßen zwei Bauern weniger, was schon einmal selten ein gutes Zeichen ist. Trotzdem fand er ausreichende Verteidigungsressourcen und brachte es in eine technische Remisstellung, die auf einer kritischen beidseitigen Zugzwangposition basierte. Leider verlor er im weiteren Spielverlauf einmal ganz kurz den Faden, geriet selbst in den besagten Zugzwang und konnte das Endspiel nicht mehr halten. Damit endete der Mannschaftskampf 5:3 zu unseren Ungunsten.

Das Sonntagsmatch begann etwas freundlicher. Heiko gelangte zu einem weiteren unspektakulären halben Punkt, und diesmal gönnte sich auch Matthias ein relativ schnelles Remis. Beide waren ohne nennenswerte Probleme aus der Eröffnung gekommen und schienen nicht auf Blutvergießen aus zu sein. An den anderen Brettern gab es zu Beginn ebenfalls wenig Anlass zur Sorge – am ehesten vielleicht bei Wilfrid, der mit Schwarz sehr gedrückt stand und kaum Gegenspiel fand, sowie wiederum bei mir am Spitzenbrett.

Ein eindrucksvolle Partieanlage gab es an Brett 5 zu bestaunen. In einer Französisch-Stellung, die noch verdächtig nach Theorie aussah, hatte Thomas Casper nach seinem neunten Zug schon weniger als eine Viertelstunde auf der Uhr. Leo fuhr zur weiteren Beschäftigung seines Gegners einen Königsangriff auf, der auf andere Gegner sicher furchteinflößend gewirkt hätte. Nun steht Cassi aber über solchen Dingen – ebenso wie über der unvermeidlichen Zeitnot – und konterte unseren Spieler gnadenlos aus.

Wilfrid wurde in der Folge Opfer seiner Passivität und gab auch wenig später auf. Dafür kam Joachim zu einem vollen Punkt; er hatte seinen Sweschnikow-Sizilianer lange Zeit zäh verteidigt und schließlich, wie mir zugetragen wurde, einen Fehler seines Gegners sofort partieentscheidend ausgenutzt. Der Zwischenstand zu diesem Zeitpunkt lautete als 2:3, dafür gab es zur Abwechslung mal noch ein paar günstige Positionen aus unserer Sicht.

Als nächstes war Stephan fertig. Er hatte ein schwieriges Endspiel mit gleichfarbigen Läufern und beiderseits wenigen Bauern auf Gewinn gespielt, war jedoch letztendlich nicht über ein Remis hinausgekommen. Angeblich hatte die nachträgliche Analyse offenbart, dass er zwischendurch eine Siegchance ausgelassen hatte; viel mehr habe ich davon leider nicht mitbekommen, da ich inzwischen mit meinen eigenen Stellungsproblemen beschäftigt war.

Nach fünf Stunden gewann Hannes seine Partie. Während sein Einsatz am Vortag nicht von Erfolg gekrönt war, wurde diesmal seine Zielstrebigkeit belohnt. Er hatte den Igel (die schönen Dinge des Lebens sollen ja nicht unerwähnt bleiben) seines Gegners zunächst am Damenflügel angefallen, dadurch viel Raum gewonnen und die Aktivität zu einem gelungenen Schwenk an den Königsflügel genutzt, gegen den es wohl keine Verteidigung mehr zu geben schien. Aus unserem Team hatte er an diesem Wochenende ohne Zweifel die meiste Zeit am Brett verbracht und glich hiermit vorübergehend zum 3,5:3,5 aus.

Eurem Berichterstatter blieb die Rolle des tragischen Helden vorbehalten. In einer mehr oder weniger vorbereiteten Isolani-Stellung hatte ich freiwillig in ein Endspiel abgetauscht, das mir zunächst als vielversprechend vorkam, doch schon zwei Züge später musste ich einsehen, dass die Vorbereitung hier unzureichend war und ein Plusscore in der Datenbank nicht automatisch Garant für eine gute Position ist. Nach der sechsten Stunde zeigte die überlegene Technik meines Gegners Wirkung, und ich konnte nur noch die Hand herüberreichen – eine folgenschwere Doppelnull für mich an diesem Wochenende.

Wir traten also mit zwei Mannschaftsniederlagen die Heimreise an. Beide Matches waren stark umkämpft und hatten jeweils ein knappes Endergebnis. Dennoch muss man anerkennen, dass wir insgesamt zweimal zurecht unterlegen waren; es gab keinen Punkt, an dem eigentlich ein Leipziger Sieg zu erwarten gewesen wäre. Wir sind damit auf den letzten Tabellenplatz zurückgefallen, was aufgrund der bereis erwähnten geringeren Anzahl an Wettkämpfen noch keinen endgültigen Charakter hat, trotzdem wird es in Sachen Klassenerhalt allmählich kritisch. Ende Januar geht es weiter, dann spielen wir gegen unseren Reisepartner Aue (der aus dem November verlegte Wettkampf) sowie gegen Pang Rosenheim und MSA Zugzwang.


3 Antworten auf “2. Bundesliga Ost: SGL 1 – Bindlach-Aktionär und Erfurter SK – SGL 1”

  1. 1. Heiko Machelett schrieb:

    Guter Bericht, aber in meiner Partie gg Haba stand ich die ganze Zeit schlechter und musste mich verteidigen. Ich hatte Glück, dass ich genau in dem Moment Remis anbot, als Petr keine Zeit mehr hatte. Die Endstellung sollte deutlich besser sein für ihn…

  2. 2. Joachim Solberg schrieb:

    Heiko: Nach 18.-Txb2! hättest du klarer Vorteil gehabt. Eine gewisse Zeit stand Peters Springer falsch auf c2. Ich finde, du hast fast die ganze Partie sehr gut gespielt, und mein Houdini sagt, dass du leicht besser stehst durch das Mittelspiel. Am Ende stehst du ja schlechter als du 22.-Lxc5 nicht spielst. Und dann war es ja gut, dass du remis angeboten hast. Taktisch sehr clever.

  3. 3. Heiko Machelett schrieb:

    Danke für diese Anmerkung Joachim. Ich habe mich aber Txb2 einfach nicht getraut. 🙂 Ich fühlte mich die ganze Partie unter Druck irgendwie…vielleicht eine psychologische Sache,weil mein Score gg Haba nicht gut ist.

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