Jan 12

Am Wochenende verschlug es uns zur ersten Runde der diesjährigen Deutschen Pokal-Mannschaftsmeisterschaft nach Brandenburg, einem so ungewöhnlichen Austragungsort, dass es selbst Rauschis Navi vorübergehend die Sprache verschlug. Für die SGL starteten Heiko, Stephan, Robert und meine Wenigkeit. Beim Pokal werden die Paarungen bekanntlich erst vor Ort ermittelt, so dass wir uns kaum sinnvoll vorbereiten konnten; die potentiellen Gegner in der Gruppe waren Dessau, Rotation Pankow sowie die Ausrichter.

Am Samstag wurden wir gegen Lok Brandenburg gelost, einen der beiden leichteren Gegner in der Gruppe. Nach mehr oder weniger bewährtem Rezept wurde mir das erste Schwarzbrett (in diesem Fall Brett 1) zuteil, daneben spielte Heiko, und dahinter kamen Robert und Stephan. Der Wettkampf lief von Anfang an klar für unsere Seite. Heiko zerlegte den Nimzo-Inder seines Gegners so flüssig, dass man schon fast von einer Hinrichtung sprechen kann. Robert tat etwa ein gleiches mit dem Wolga-Gambit seines Gegenübers; erst pflanzte er einen ewigen Springer am Damenflügel ein, und während Schwarz sich noch mit diesem abmühte, öffnete Robert gewaltsam das Zentrum, so dass der Gegner wohl nur die Wahl zwischen Matt und entscheidendem Materialverlust hatte.

Nach dem Debakel in Aue hatte Heiko mir vorgeschlagen, mal wieder „Schach wie früher“ zu spielen. Dem leistete ich Folge und setze einen klassischen Igel, gegen den mein Gegner nicht ankam. Im frühen Mittelspiel gestattete er sich eine scheinbar geringe, letztlich aber doch sehr verhängnisvolle Schwäche am Königsflügel, die direkt zum Matt führte. Damit spielte nur noch Stephan; der Wettkampf war bereits lange zu unseren Gunsten entschieden. Leider hatte unser Kapitän einen sehr schlechten Tag erwischt. Sein Stonewall führt recht schnell zu einer angenehmen Position, und wir hatten berechtigte Hoffnungen auf ein 4-0, allerdings verlor er dann den Faden und unterschätzte einen gegnerischen Freibauern. Mit einem 3-1 verließen wir das Spiellokal zu einem entspannten Abend.

Als Kontrastprogramm zu der deprimierenden Unterkunft in Zwickau (im Rahmen der Doppelrunde in Aue) hatte Rauschi uns ein trotz überschaubarer Preise sehr ordentliches Hotel organisiert. Was rede ich – wir schwebten im siebten Himmel! Ein paar verbale Kostproben gefällig? „Roland, ich will nicht dekadent sein, aber Bier ist im Kühlschrank“, „Wenn du dich im Bad verläufst und nicht mehr den Ausgang findest, rufst du mich an“ und (an Robert beim Keksessen) „Sag mal, krümelst du gerade auf unseren Samtteppich?“

In dieser Atmosphäre durfte die gepflegte Doppelkopfrunde am Abend nicht fehlen. Der Berichterstatter gewann dort die meisten Punkte, Robert die meiste Erfahrung, und Stephan hatte zumindest die Genugtuung, bei Heikos bestem Blatt stattdessen ein Solo spielen zu dürfen. Das tat der Freundschaft natürlich keinen Abbruch, und nachdem sich Heiko am nächsten Morgen im Gegenzug bei Stephan erkundigt hatte, wie man in der Economy Class so nächtigt, traten wir am Sonntag in guter Erwartung zum Wettkampf gegen Rotation Pankow an.

Und jetzt kommt die schlechte Nachricht: Wir waren zwar nicht chancenlos, jedoch erschreckenderweise den Berlinern so unterlegen, wie wir am Vortag noch überlegen waren. Der einzige Trost lautete, dass man bei dem Wetter an diesem Wochenende auch nicht viel anderes hätte unternehmen können. Heiko stand am Spitzenbrett zwar ständig besser, kam aber nicht über eine Abwicklung in ein remises Endspiel hinaus. Robert schätzte sein Endspiel falsch ein und vergaß, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. So wurde ein gegnerischer Freibauer nicht nur stark, sondern geradezu übermächtig und kostete unser viertes Brett eine Figur, die letztendlich den Ausschlag gab. Damit hatten wir nur einen halben Punkt mit der „Flügelzange“ an den Weißbrettern geholt, und mit den schwarzen Steinen lief es nicht besser.

Stephan geriet direkt nach der Eröffnung in ein Leichtfigurenendspiel mit schlechtem Läufer gegen guten Springer; genauer gesagt hatte er einen im wahrsten Sinne des Wortes eingesperrten Läufer und konnte nur mit dem König hin- und her ziehen. An einer Stelle reklamierte er irrtümlich auf dreimalige Stellungswiederholung (sein Gegner verkündete reichlich optimistisch, dass das sofort zum Verlust führen würde, konnte aber von allen Seiten schnell überstimmt werden). Die Partie endete kurze Zeit später dennoch mit Remis, so dass ich unbedingt gewinnen musste. Leider war das absolut unrealistisch, denn nach leicht waghalsiger Eröffnungsbehandlung hatte ich nur vorübergehend Ausgleich erzielt und war in der Zeitnotphase in einen Materialverlust geschlittert, welcher zu dem besagten Zeitpunkt schon in ein hoffnungsloses Endspiel gemündet hatte.

Obwohl mein Gegner sich kurzzeitig mit der Verwertung seines Vorteils etwas schwer tat, fand er – nicht gänzlich unerwartet – irgendwann den Weg zum Sieg. Wir verloren also verdient mit 1-3 und sind folglich aus dem diesjährigen Pokalwettbewerb ausgeschieden. Damit haben wir gleichzeitig die Qualifikation für die Zwischenrunde im kommenden Jahr verpasst und müssen also beim nächsten Mal wieder den langen Weg gehen. Die Namen der anderen Sieger der DPMM-Vorrunde lauten übrigens: Schwarzenbach, Sangerhausen, Röhrnbach, Norderstedt, Lübeck, Heusenstamm und Nickelhütte Aue. Herzlichen Glückwunsch an diese Mannschaften, und viel Erfolg in der nächsten Runde.


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