Apr 27

Am vergangenen Samstag fand im Sportforum der Stichkampf unserer ersten Mannschaft gegen Wacker Neutraubling um den Klassenerhalt in der zweiten Bundesliga statt. Der Abstiegskampf ist bei uns traditionell eine knappe Angelegenheit. In der Saison 2010/11 waren wir dem Abstieg nur deshalb entkommen, weil eine andere Mannschaft zurückzog und eine weitere den Zwangsabstieg hinnehmen musste. (Es handelte sich um Bayern München 2; deren Erste war im gleichen Spieljahr aus der ersten Bundesliga abgestiegen.)

Unvergessen war auch die Saison 2012/13, in der wir beinahe das Kunststück vollbrachten, mit lediglich vier Mannschaftspunkten drei Teams hinter uns zu lassen. Dass es mit dem Klassenerhalt damals nichts wurde, lag – abgesehen von unserer eigenen Spielschwäche – wesentlich mit daran, dass sich acht Auer Spieler in der Schlussrunde von sieben Garchingern ins Bockshorn jagen ließen. Aber ich schweife ab.

Wie sich bereits herumgesprochen hat, waren wir am Samstag nur zu siebt (Hannes kam nicht rechtzeitig), was sicher keinen guten Ausgangspunkt für ein so wichtiges Match darstellt. Andererseits waren wir nominell an den restlichen Brettern überlegen – in vollständiger Aufstellung hätte man sicher von einer deutlichen Favoritenrolle für unsere Seite sprechen können. In der ersten Runde der Saison hatten wir jedenfalls gegen Neutraubling mit 6-2 solide gepunktet.

Als erstes war Joachim mit einem Kurzremis fertig; bei ihm ging es so schnell, dass ich nicht sicher sagen kann, ob sein halber Punkt vor oder nach Ablauf der Karenzzeit notiert wurde. Nun ist das ebenfalls keine ideale Basis, wenn man einen Rückstand aufholen muss, zumal die Stellungen an diversen anderen Brettern in der frühen Wettkampfphase alles andere als berauschend aussahen.

Heiko geriet mit Weiß aus der Eröffnung heraus in ein Stellungsbild, welches ich vage mit missglückten Partieanlagen meinerseits beim Blitzen assoziiere. Er selbst sah das allerdings ganz locker; in dieser Hinsicht tat er es Stephan gleich, welcher ebenfalls Zuversicht zu einem Zeitpunkt ausstrahlte, als seine schwarze Französisch-Position für mich überhaupt nicht vertrauenerweckend aussah. Leo stand ein bisschen passiv, der Berichterstatter ebenso, und nur bei Matthias sah es nach Vorteil aus. Wilfrids Stellung war schwer zu verstehen; er hatte zwar die Initiative, musste gleichzeitig aber auch eine komische Bauernstruktur verwalten.

Kurz gesagt, in den ersten Stunden war nicht zu erkennen, wo wir auf vier bzw. sogar viereinhalb Brettpunkte kommen sollten. Die Schwarzbretter machten mir noch etwas mehr Sorgen als die Weißbretter, und so war es gewissermaßen eine Erleichterung, als Stephan remisierte. Vielleicht hatte ich ja seine Position völlig falsch eingeschätzt (nachträglich wurde angedeutet, dass er an einer Stelle sogar hätte gewinnen können), jedenfalls war dies aus meiner Sicht der erste Lichtblick in dem Mannschaftskampf.

Sein halber Punkt brachte, wenn man so will, Aufwind für das gesamte Team. Matthias gewann bald danach, und an den meisten anderen Brettern ging es von diesem Moment an gleichermaßen aufwärts. Heiko befreite sich aus seiner Umklammerung; Wilfrid wickelte in ein klar vorteilhaftes Leichtfigurenendspiel ab. Mein Gegner ließ, nachdem er sich im Mittelspiel durch ein paar starke Angriffszüge Vorteil verschafft hatte, den Ãœbergang in ein Endspiel zu, in welchem ich mit Turm gegen zwei Leichtfiguren – zufällig das gleiche Materialverhältnis, welches ich im Februar im Rahmen eines Kaderlehrgangs sehr ausführlich behandelt hatte – die besseren Gewinnchancen hatte.

Als nächstes war Heiko fertig. Eigentlich war mir nicht klar, warum an seinem Brett schon Schluss war, denn unser zweites Brett hatte einen Mehrbauern und ganz nebenbei auch die deutlich bessere Bedenkzeit. Das Ende kam wohl in Form einer Zugwiederholung. Die gute Nachricht war, dass wir zu dem Zeitpunkt an den meisten restlichen Brettern schon mehrheitlich auf Gewinn spielten bzw. zumindest kaum noch in Verlustgefahr schwebten.

Bei einem 4-4 wäre übrigens die Berliner Wertung zum Einsatz gekommen, bei welcher die Siege an den vorderen Brettern höher als die an den hinteren Brettern gewichtet werden. Da wir an Brett 3 eine kampflose Null zu verzeichnen hatten, bestand also trotz der günstigen Entwicklung in (ungefähr) der vierten Stunde weiterhin etwas Unsicherheit; wir sollten besser keine Partie mehr verlieren und dafür noch mindestens eine gewinnen. Zum Glück lief der letzte Teil des Matches klar zu unseren Gunsten.

Es folgte ein Remis von Leo. Er hatte über weite Strecken gedrückt gestanden und besaß zwischenzeitlich auch noch eine eklatante Bauernschwäche, aus der nach meinem Instinkt der Gegner mehr hätte herausholen können. Die Partie mündete irgendwann in ein Endspiel mit Turm und Springer gegen Läuferpaar (mit größerer Bauernzahl für die Läufer), welches kaum Gewinnpotential zu bieten schien. Der halbe Punkt kam dann also nicht mehr besonders überraschend.

Wilfrid war als vorletzter Spieler fertig. Er hatte seinen Vorteil aus dem Mittelspiel stetig vergrößert und im Endspiel nach meiner oberflächlichen Einschätzung letztlich überzeugend verwertet. Mir wurde wie schon in Bad Mergentheim die Ehre zuteil, als letzter Kämpfer den Abschluss zu finden. Nach etwa sechs Stunden überschritt mein Gegner (in Verluststellung) die Bedenkzeit, wodurch der Endstand von 5-3 für die SGL besiegelt war.

Wir haben also gerade noch die Rettung geschafft und dürfen folglich auch im kommenden Jahr die Leipziger Farben wieder in der zweiten Liga vertreten, wo es aller Voraussicht nach nicht leichter werden dürfte. Positiv bemerken möchte ich am Rande, dass die Zahl der Zuschauer erfreulich hoch war (sowohl beim Stichkampf als auch bei unseren Heimspielen im Januar – vielen Dank für den moralischen Beistand); wenn wir unsere Aufstellungs- bzw. Antrittsprobleme in den Griff kriegen, ist die Welt fürs erste wieder in Ordnung.


6 Antworten auf “2. Bundesliga Ost: SGL – Wacker Neutraubling (Stichkampf)”

  1. 1. Joachim Solberg schrieb:

    Danke für deinen lang erwarteten Bericht, Roland. Und viel Glück mit dem Sieg!

    In meiner Partie ging es leider nicht wie erwartet. Ich hatte einen Läuferzug von Quast unterschätzt. Die Stellung verflachte ziemlich schnell. Als mein Remis vereinbart wurde, war ich nicht bewusst, dass Hannes noch nicht gekommen war. Als ich das bemerkte, hatte ich einen schlechten Geschmack in dem Mund. Mit weiß eine Partie so zu veranstalten ist gar nicht gut. Viel mehr beeindruckte das Agieren von Wilfrid und Matthias, die mit Geduld und Druck ihre Gegner pressten. Ich bin sehr froh, dass wir es geschafft haben.

    Ich versuche, mein Eröffnungsspiel für die nächste Saison noch zu verbessern, d.h. schärfer zu veranstalten. Aber auch die Nerven spielten für so ein wichtiges Spiel eine gewisse Rolle…

  2. 2. Georg Heinze schrieb:

    Kam Hannes Langrock „nur“ zu spät oder dachte er, der Kampf ist sonntags?
    So jedenfalls habe ich die Gerüchte gehört.
    Es ist gut ausgegangen, dazu mein Glückwunsch, aber in so einem wichtigen Kampf darf das nicht passieren.

  3. 3. Joachim Solberg schrieb:

    Er dachte, der Kampf findet am Sonntag statt.

  4. 4. Heiko Machelett schrieb:

    Verunglückte Spielanlage würde ich meine Eröffnung nicht nennen. Ich hatte etwas Vorteil und nach dem Bauerngewinn stand ich klar besser, nur um es ein paar Züge später wieder zu ruinieren und im Ausgleich zu landen. Zumal wir an Brett 1 und 7 nach der Eröffnung bedenklich standen… und das mit nur 7 Mann.

  5. 5. Heiko Machelett schrieb:

    Es mag ja sein,das hier eine gewisse Euphorie herrscht ob des Klassenerhalts. Aber die Ereignisse vor der letzten Doppelrunde und die Peinlichkeiten im Relegationskampf lassen das Ganze doch in einem anderen Licht erscheinen. Ich wurde zur letzten Doppelrunde ausgeladen, um dann doch zu spielen. Die Relegation wurde mit 7 Mann gespielt. Das alles ist unprofessionell. Vom Spiellokal mal abgesehen, das unwürdig war. Was geht da nächste Saison?

  6. 6. Reyk schrieb:

    Wohl einer der letzten Stichkämpfe dieser Art. Nach dem Willen des Bundesturnierdirektors und bestätigt vom Bundeskongress soll künftig in solchen Fällen in letzter Instanz gelost werden (nach zuvor Berliner Wertung an allen Brettern). Für mich völlig unverständlich.

    Begründung aus der Kongressbroschüre:
    „Stichkämpfe sind ein lästiges Anhängsel. Sie fordern von den Vereinen zusätzlichen finanziellen Aufwand, dem – anders als bei Wettkämpfen mit zahlenden Zuschauern – letztlich kein entsprechender Gewinn gegenüber steht. Der ohnehin knappe Zeitraum der Planung bis zum 1. Mai, dem Termin für die Meldung der Mannschaften für die nächste Saison, verkürzt sich um weitere zwei Wochen.“

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